Vor einigen Tagen habe ich meinen Mobilfunkanbieter gewechselt. Ausschlaggebend waren die guten Produkte des Unternehmens mit herausragenden Leistungen zu attraktiven Tarifen. Doch Kunde des Unternehmens zu werden, wurde mir erstaunlich schwer gemacht. Mehrfach ist mir dabei aufgefallen, wie der Anbieter diese Schwierigkeiten mit Service Design hätte vermeiden können.
Fehlender Nachweis für meine Bestellung
Los ging es mit meinem Handy. Dort war mir wichtig, die Nummer zu behalten, da diese auf meinen Visitenkarten aufgedruckt ist und viele Kunden darüber mit mir kommunizieren. Die Rufnummermitnahme konnte ich weder online noch im Shop beantragen, sondern nur telefonisch. Ganz schön mühsam für beide Seiten, die vielen Daten korrekt telefonisch abzufragen.
Nachdem ich 10 Tage nach meiner Bestellung noch keine Post bekommen hatte, fragte ich nach. Meine Bestellung war nicht bekannt und ich musste die Bestellung neu aufgeben. Dabei war ich ohnehin nervös, weil vor Jahren bereits einmal eine Rufnummermitnahme zum gleichen Anbieter gescheitert war.
Gefehlt hat mir in diesem Fall eine bequemere Bestellmöglich oder zumindest eine Bestellbestätigung per E-Mail oder SMS. Damit hätte ich etwas in der Hand gehabt, auf das ich mich hätte beziehen können und das meine Bestellung bewiesen hätte. Im Service Design spricht man in diesem Zusammenhang von einem physikalischen Beweis. Dieser zeigt Kunden, dass hinter den Kulissen etwas passiert und gibt ein gutes Gefühl der Sicherheit.
Alleine gelassen im Onboarding Prozess
Etwa 10 Werktage nach meiner erneuten Bestellung flatterte tatsächlich Post ins Haus: Die Rufnummermitnahme wurde bestätigt, der Umstellungstermin genannt und in einer separaten Sendung erhielt ich die SIM Karte. Am Morgen der Umstellung hatte ich kein Netz und legte die neue SIM Karte ein. Aber was nun? Weitere Informationen hatte ich bei der Bestellung nicht bekommen. Guthaben war auf meiner Karte noch keins, so konnte ich weder telefonieren, noch das mobile Internet nutzen.
Nach kurzer Überlegung habe ich einen Blick auf die Website geworfen und mich für ein Kunden-Konto registriert. Dort konnte ich mit der Telefonnummer und dem Kundenkennwort den Vertrag hinzufügen. Ein Kundenkennwort habe ich bei der telefonischen Bestellung vergeben. Doch als ich dieses jetzt eingab, kam eine Fehlermeldung. Ich dachte, ich hätte mich vertippt und nach einem zweiten Fehlversuch war mein Konto nun für 24 Stunden gesperrt.
Also kontaktierte ich die Hotline. Der Mitarbeiter konnte mir den Tipp geben, dass sich das Internetkennwort von meinem Kundenkennwort unterscheidet und den ersten 4 Ziffern der Super-PIN in meinen Unterlagen entspricht. Doch die Sperrung konnte er nicht aufheben. Der Shop des Anbieters war um diese Uhrzeit noch nicht geöffnet. Daher kaufte ich Guthaben in einem Drogeriemarkt und konnte nun endlich loslegen.
In diesem Fall hätte mir eine kurze Anleitung, wie man sie beim Kauf der SIM-Karte im Shop erhält, bei den ersten Schritten geholfen. Den Hinweis, welches Kennwort man benötigt, um online ein Konto anzulegen, könnte doch problemlos in den zugeschickten Unterlagen vermerkt sein. Im Service Design nutzt man Customer Journey Maps, um das Bewusstsein für die Schritte der Nutzer zu schärfen und den Onboarding Prozess möglichst reibungslos zu gestalten. So kann man sicherzustellen, dass die benötigten Informationen den Weg zum Kunden finden.
Die Odysee geht weiter
Das Produkt selbst hat mich nicht enttäuscht. Nach einigen Tagen überlegte ich mir, dass der Tarif auch für mein Tablet attraktiv wäre. Jetzt wusste ich ja auch, wie es funktioniert – dachte ich!
Im nächstgelegenen Shop war keine SIM Karte vorrätig. Das kann ja mal passieren und zum Glück ist die nächste Filiale in Freiburg nicht weit. Dort gab es zwar Karten, aber nur für 35€ statt 10€ Startguthaben – ganz schön viel für ein Tablet mit einem Datenpaket für monatlich knapp 5€. Nach kurzem Zögern wollte ich bezahlen, doch das ging nur bar. Also musste ich zur Bank und bereits leicht genervt wieder zurück zum Shop laufen.
Zurück im Büro habe ich die SIM Karte gewechselt und wollte den Vertrag online meinem Kunden-Konto hinzufügen. Ich habe es wieder mit den ersten 4 Ziffern der Super PIN probiert, doch das ging in dem Fall nicht und auch mit der automatischen Anmeldung über die App hatte ich keinen Erfolg. Also nahm ich erneut den Telefonhörer zur Hand. Über die Hotline bekam ich die Auskunft, das im Shop ein Kundenkennwort vergeben wurde. Der Verkäufer hat versäumt, mich nach meinem Wunsch-Kennwort zu fragen oder mir zumindest das von ihm vergebene Kennwort mitzuteilen. Dabei habe ich sogar noch danach gefragt! Da ich das Kennwort nun mal nicht erraten kann, machte ich mich ein weiteres Mal auf den Weg in den Shop und nach einer halben Stunde Wartezeit und gegen Vorlage des Personalausweises wusste ich nun auch mein Kundenkennwort.
Als ich das Kennwort eingab und daraufhin die Meldung bekam, dass die App von Prepaid Kunden nicht auf Tablets genutzt werden kann, schlug ich ein drittes Mal im Shop auf und forderte mein Geld zurück. Der Verkäufer hatte mir für das Tablet zu einer speziellen Karte geraten, aber auch bestätigt, dass die Nutzung über eine normale Karte mit besseren Konditionen möglich ist. Auch aus der Beschreibung im App Store ging diese Einschränkung in keinster Weise hervor. Nun zeigte der Verkäufer mir noch eine weitere Möglichkeit, Datenpakete über das Tablet zu kaufen. 2,5 Stunden nach meinem ersten Besuch verließ ich den Laden frustriert und nicht wirklich besänftigt. Gute Service Recovery sieht anders aus!
Alle Mitarbeiter, mit denen ich in Kontakt war, waren bemüht, doch wirkten nicht immer gut informiert. Dem Verkäufer war beispielsweise nicht bewusst, dass er mir das vergebene Kundenkennwort hätte sagen müssen, nicht nur für die Verwaltung online. Im Service Design bilden Service Blueprints zusätzlich zu den bereits angesprochenen Customer Journey Maps interne Prozesse des Anbieters ab. Nur wenn hinter den Kulissen alle Schritte ineinandergreifen, ist die Erfahrung für die Nutzer positiv. Service Blueprints eignen sich, um mögliche Fehlerquellen vorab zu erkennen. So können Fehler möglichst vermieden werden. Gleichzeitig bieten sie einen guten Überblick und eignen sich damit zur Schulung von Mitarbeitern, gerade zur Skalierung in eine große Zahl von Filialen.
Fehlendes Service Design ist teuer
Ja, ich bin nur ein Prepaid Kunde. Aber ist das als Einstieg nicht die Chance, mich zu überzeugen? Ich bin offen dafür, vielleicht irgendwann wieder Vertragskunde zu werden und vielleicht sogar für Angebote im Bereich DSL, Festnetz und TV. Das Produkt habe ich bereits mehrfach weiterempfohlen, wenn auch mit der Warnung vor dem schwierigen Prozess, Kunde zu werden.
Ich habe vor, dem Unternehmen in den nächsten Jahren regelmäßige Umsätze zu bescheren. Und wenn ich den Wechsel hätte online beantragen können, ohne all diese Probleme und ohne bereits jetzt 4 Mal im Shop gewesen zu sein und 4 Mal die Hotline kontaktiert zu haben, würde sich das für das Unternehmen auch rechnen.
Dieses Beispiel zeigt für mich sehr deutlich, wie schnell Kunden es zu spüren bekommen, wenn man Dienstleistungsprozesse konzeptionell nicht durchdenkt. Service Design sollte für den Mobilfunkanbieter kein Fremdwort sein und auch die Budgets dafür sollten vorhanden sein. Zumal ich hier einige ganz deutliche Quick Wins sehe, die wenig kosten und sich eine gute Customer Experience mit Möglichkeiten für Up- und Crosselling schnell bezahlt macht.