Big Data verändert Geschäftsmodelle in allen Dimensionen. Für meine MBA-Thesis in Service Innovation & Design habe ich mich zwei Jahre lang intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt. Dabei habe ich einige Gemeinsamkeiten entdeckt, die ich in diesem Artikel als Geschäftsmodellmuster anhand der Business Model Canvas beschreibe.
Big Data unterstützt viele unterschiedliche Anwendungsfälle. Dennoch können auch hier ähnliche Merkmale für Geschäftsmodelle gefunden werden:
Kundensegmente
Der Baustein Kundensegmente in der Business Model Canvas beschreibt die Zielgruppen, die eine Organisation beabsichtigt zu erreichen und zu bedienen.
Viele Big Data Anwendungen zielen nach wie vor auf einen Massenmarkt ab. Big Data ermöglicht nun aber auch Mikro-Segmente auf Basis des Kundenverhaltens statt rein demografischer Daten bis hin zur persönlichen Ansprache eines einzelnen Kunden. Ein Telekommunikationsanbieter könnte beispielsweise Prepaid-Kunden, deren Inklusivminuten fast aufgebraucht sind, spezielle Wertanbebote bieten.
In vielen Fällen bieten Daten die Möglichkeit zu einer speziellen Form von mehrseitigen Plattformen und werden damit zur Alternative von werbefinanzierten Angeboten. Organisationen können die anonymisierten Daten eines Kundensegments monetarisieren, indem sie die Daten einem anderen Kundensegment zur Verfügung stellen, das die Daten zur Wertschöpfung einsetzen kann. Datenkäufer werden damit zu einem weiteren charakteristischen Kundensegment.
Wertangebote
Herzstück der Business Model Canvas sind die Wertangebote. Diese beschreiben, welchen Wert das Geschäftsmodelle für Kunden schöpft. Für jedes Kundensegment wird eine Kombination aus Produkten und Dienstleistungen passend zu den Bedürfnissen der Kunden angeboten. Gute Wertangebote lindern Probleme der Kunden und stiften einzigartigen Nutzen.
Wertangebote auf Basis von Big Data sind vielfältig. Im Kern setzen die meisten Wertangebote jedoch auf Komfort oder Unterhaltung. Daten stellen eine Transparenz her, die hilft, Kosten und Risiken zu minimieren und die Produktivität für gewerbliche Kunden zu steigern. Schwerer sichtbar ist der Wertvorteil, dass Unannehmlichkeiten durch eine Früherkennung von Problemen ganz vermieden werden können.
Big Data ermöglicht gänzlich neue Produkte und Dienstleistungen. Durch Daten zur Nutzung dieser Angebote, können diese zukünftig noch besser in Einklang mit den Anforderungen und Wünschen der Kunden gebracht werden.
Kanäle
Kanäle listen die wichtigsten Touchpoints und den Mix der Kanäle auf, die in den verschiedenen Phasen des Kundenlebenszyklus zum Einsatz kommen, um mit jedem Kundensegment zu kommunizieren, zu verkaufen und Wert zu liefern.
Web Applikationen, mobile Apps und Direktvertrieb werden auch weiterhin die wichtigsten Kanäle bleiben. Der Trend geht dahin, dass Unternehmen Kanäle nicht mehr voll und ganz besitzen und kontrollieren können. Kunden übernehmen eine immer aktivere Rolle.
Neu ist vor allem, dass Technologien, wie Sensoren, einen automatisierten Rückkanal bieten, über den Unternehmen Informationen zur Nutzung ihrer Produkte erhalten.
Kundenbeziehung
Der Baustein Kundenbeziehungen beschreibt die Customer Experience, welche die Kunden erwarten und die Art der Beziehungen, die eine Organisation mit bestimmten Kundensegmenten eingeht.
Viele Anwendungen setzen weiterhin auf Selbstbedienung. Durch Daten können diese Touchpoints zunehmend stärker personalisiert werden. Algorithmen können automatisch unterschiedliche Inhalte ausliefern je nach persönlicher Vorlieben eines Nutzers, der Nutzungshistorie oder der Nutzung ähnlicher Personen. Mitarbeiter mit Kundenkontakt können sich auf Daten stützen, um einzelne Kunden persönlich zu unterstützen. So gelingt es Organisationen, Kunden so persönlich zu bedienen wie vor 50 Jahren und das bei einer Vielfachen Menge an Kunden rund um die Uhr und weltweit.
Mit den Daten, die sie generieren, tragen Kunden zur Wertschöpfung bei. Als Co-Creator verbrauchen Kunden keinen Wert, sondern erzeugen weiteren Wert für die Anbieter.
Einnahmequellen
Die Einnahmequellen sind kritisch für die Monetarisierung eines Geschäftsmodells. Der Baustein beschreibt, wie eine Organisation plant, von jedem Kundensegment Geld zu verdienen.
Big Data kann auf vielfältige Weise helfen, den Umsatz zu steigern. Produkte und Dienstleistungen, die besser auf Bedürfnisse der Kunden abgestimmt sind, führen naturgemäß zu einer höheren Nachfrage und mehr Weiterempfehlungen. Daten können für Cross- und Up-Selling genutzt werden für einen höheren Umsatz pro Transaktion. Zusammen mit einer reduzierten Abwanderungsquote führt das tendenziell zu einer höheren Customer-Lifetime-Value.
Technologien, die Unternehmen darüber informiert, wann und wie Ihre Angebote genutzt werden, erlauben eine neue Form der Abrechnung. Kunden bezahlen nur für die Nutzungsdauer oder Preise differenzieren sich nach Art der Nutzung. Eine andere Form der dynamischen Preiskalkulation ist das Ertragsmanagement mit Preisen angepasst an den erwarteten Bestand und die Nachfrage. Mit Big Data können auch gänzlich neue Einnahmequellen erschlossen werden. Vor allem können Einnahmen in mehrseitigen Modellen generiert werden, indem Daten Dritten gegen Einmalzahlungen oder Abonnements zur Verfügung gestellt werden.
Schlüsselressourcen
Schlüsselressourcen beschreiben die kritischsten physikalischen, finanziellen, intellektuellen und menschlichen Wirtschaftsgüter, die benötigt werden, um das Geschäftsmodell umzusetzen.
Obwohl nur ein geringer Prozentsatz der Daten überhaupt vertraulich ist, machen sich viele Kunden Sorgen, was mit Ihren Daten passiert. Ich behaupte daher, dass Vertrauen zu einer Schlüsselressource wird. Je mehr Kunden einer Organisation vertrauen, desto eher sind sie bereit, Daten preiszugeben. Für Unternehmen bedeutet das, transparent mit der Nutzung der Daten umzugehen. Nützliche Features motivieren Kunden dazu, ihre Daten herauszugeben.
Für die Personalabteilung besteht die Herausforderung darin, Mitarbeiter mit analytischen Fähigkeiten zu rekrutieren und weiterzubilden. Der Bedarf an Spezialisten ist immens und Experten sagen einen drastischen Mangel an Datenanalysten voraus. Diese arbeiten eng mit Managern zusammen, um Geschäftseinblicke aus den Daten zu generieren. Sie benötigen daher nicht nur statistisches und mathematisches Wissen, sondern auch grundlegende betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Auf der anderen Seite sollten sich auch Manager ein grundlegendes Verständnis der Möglichkeiten von Big Data erarbeiten.
Eine weitere Schlüsselressource ist eine IT Infrastruktur, die mit großen Datenmengen von einer Vielzahl von Quellen in Echtzeit umgehen kann.
Schlüsselaktivitäten
Die Komponente Schlüsselaktivitäten beschreibt die wichtigsten täglichen Aufgaben, die eine Organisation ausführen muss, um Wert zu schaffen und zu liefern, Kunden zu erreichen und zu verwalten und um Geld zu verdienen.
Daten sind erst nützlich, wenn sie Aktionen nach sich führen. Um Big Data als Schlüsselressource zu nutzen, müssen Organisationen relevante Datenquellen identifizieren, Daten integrieren und deren Qualität sichern. Während viele Teile des Big Data Managements automatisiert werden können, bleiben kritische Teile in den Händen der Datenanalysten. Deren Aufgabe ist es, die Daten zu analysieren, Einblicke zu gewinnen und daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Für das Marketing werden Mikrosegmente aus den Daten identifiziert und entsprechende Kampagnen geplant. Datengetriebene Organisationen experimentieren konstant. Sobald sich eine Idee in einem stichprobenartigen Test bewährt hat, wird diese allgemein ausgerollt.
Schlüsselpartner
Keine einzelne Organisation hat all das Wissen und die Ressourcen, die es braucht. Durch strategische Allianzen, Coopetition, Joint Ventures und Käufer-/Lieferantenbeziehungen können Organisationen ihre Fähigkeiten erweitern, Risiken reduzieren und von Größenvorteilen profitieren.
Zur Datenerfassung können Organisationen eine Vielzahl von Smart Assets, wie Sensoren, von spezialisierten Hardware-Herstellern erwerben. Um ihre Daten mit zusätzlichen Informationen anzureichern, können Organisationen zusätzliche Daten von Dritten erwerben. Daten können entweder gekauft werden oder innerhalb strategischer Allianzen ausgetauscht werden. Für die IT Infrastruktur ist es für viele Organisationen kosteneffizienter, auf Cloud-Lösungen spezialisierter Software-Partner zu setzen.
Strategische Allianzen sind nötig, um gemeinsame Standards für Daten zu entwickeln. In Koopetition erarbeiten Konkurrenten gemeinsam Standards, die allen Parteien zugute kommen. Diese Form der Zusammenarbeit ist gängig bei der Entwicklung von Technologiestandards, wie beispielsweise Blu-Ray als gemeinsamen Format.
Kostenstruktur
Die Kostenstruktur fasst die Ausgaben zusammen, die anfallen, um Schlüsselressourcen zu erwerben, Schlüsselaktivitäten auszuführen und um Lieferanten und Partner zu vergüten.
Big Data verursacht nicht unerhebliche Investitionen in IT Infrastruktur, Datenintegration und Training. Laufende Kosten entstehen durch die Wartung von IT Systemen, den Zukauf von Daten und Hardware und Personalkosten für Datenanalysten. In den letzten Jahren konnten die Kosten durch cloud-basierte Infrastruktur jedoch erheblich gesenkt werden. Andererseits hat Big Data das Potenzial für Kosteneinsparungen und Risikominimierung.
Daten für neue Geschäftsmodelle nutzen
Big Data wird die Geschäftsmodelle vieler Unternehmen verändern. Laden Sie sich das Big Data Geschäftsmodellmuster herunter und lassen Sie sich davon inspirieren, Ihre Daten für neue Geschäftsmodelle zu nutzen. Ich habe eine Data Canvas entwickelt, mit der Sie sich einen Überblick über die Daten verschaffen können, die in Ihrer Organisation verfügbar sind.
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