Katrin Mathis

Digitale Konzepte
mit mehr Wert.

Die Business Model Canvas ist ein hilfreiches Tool zur Visualisierung von Geschäftsmodellen sowohl für Produkte als auch für Dienstleistungen. Allerdings wird sie Entwicklungen der letzten Jahre nicht gerecht, dass Kunden immer stärker an der Wertschöpfung beteiligt sind. Eine neue Service Logik Business Model Canvas berücksichtigt den Einfluss von Kunden auf alle Teile des Geschäftsmodells stärker. Die Canvas wird in diesem Artikel erstmals auf Deutsch vorgestellt.

Die Business Model Canvas wurde in der Denkweise der Güter-dominierten Logik entwickelt. Sie spiegelt die klassische Wertschöpfungskette wieder. Zusammen mit Partnern schaffen Unternehmen durch ihre Aktivitäten und unter Einsatz von Ressourcen Wert für Kunden. Der linke Teil der Business Model Canvas dreht sich um interne Prozesse und Effizienz, während Kunden und Nutzen auf der rechten Seite verzeichnet sind. Co-Creation spielt lediglich als eine Form von Kundenbeziehungen eine Rolle.

In der Service-dominierten Logik sind Kunden jedoch immer an der Wertschöpfung beteiligt. Dieser Einfluss der Kunden und Partner auf andere Teile des Geschäftsmodells sind in der klassischen Canvas schwer abzubilden.

Ein neues Tool für kundenorientierte Geschäftsmodelle

Seit 2012 haben Katri und Jukka Ojasalo, zwei Professoren meines MBA-Studiums, daher an einer Adaption der Business Model Canvas gearbeitet. Die kürzlich veröffentlichte Service Logik Business Model Canvas gestaltet jeden Block dahingehend um, dass sowohl die Perspektive des Anbieters als auch die der Kunden berücksichtigt wird. Dieser Artikel stellt die Canvas in der empfohlenen Reihenfolge der Komponenten erstmals auf Deutsch vor.

Die Welt der Kunden und ihr Wunsch nach idealem Nutzen

Am augenfälligsten wird die Kundenorientierung in diesem Block, der deutlich weiter geht als die reine Betrachtung der Kundensegmente in der klassischen Canvas. Dem zugrunde liegt die Kunden-dominierte Logik, welche die Kunden anstelle des Anbieters ins Zentrum aller Betrachtungen rückt. Anbieter sind in einige Aktivitäten der Kunden eingebunden, doch letztlich steuern Kunden die Wertschöpfung selbst.

Um Angebote mit echtem Wert für Kunden zu schaffen, ist es nötig, einen tiefen Einblick in das Leben der Kunden und deren Kunden zu gewinnen, auch über das eigentliche Geschäftsmodell hinaus. Unternehmen müssen verstehen, was Kunden erreichen wollen, um sie zielgerichtet dabei unterstützen zu können. Diese Sichtweise ist für viele Unternehmen ungewohnt. Daher hilft es, in diesem Block auch Strategien zu vermerken, wie diese Einblicke gewonnen werden.

Wertangebote

Wie in der klassischen Canvas sind die Wertangebote, die Value Proposition, das Herz des Geschäftsmodells. Dieser Block beschreibt die Angebote des Unternehmens und wie Kunden diese nutzen, um Herausforderungen besser zu meistern. Die Wertangebote sollten also an Erkenntnisse aus dem ersten Block anknüpfen.

Nicht selten schätzen Kunden ein Wertangebot aus anderen Gründen als erwartet. Je besser Unternehmen den wahren Wert ihrer Angebote für Kunden verstehen, desto eher gelingt es Ihnen, die Wertangebote so zu präsentieren, dass Sie das Interesse von Kunden wecken.

Wertschöpfung

Anstelle der Kundenbeziehungen in der klassischen Canvas beschreibt der Block Wertschöpfung, in welcher Beziehung die Welt der Kunden zu der Welt des Anbieters steht. Der Block beschreibt, wie sich die Wertangebote in den Alltag der Kunden einfügen und wie Kunden die Wertangebote nutzen, um ihre Ziele besser zu erreichen.

Aus Sicht der Kunden gilt es zu verstehen, wie in den alltäglichen Handlungen der Kunden Nutzen durch das Wertangebot entsteht. Mit diesem Wissen können Anbieter Kunden dabei unterstützen, die Wertangebote zielgerichtet einzusetzen.

Interaktion und Co-Produktion

Anstelle der Kanäle beleuchtet dieser Block, wie Kunden in die Aktivitäten des Anbieters eingebunden sind und dessen Ressourcen nutzen. Dafür gilt es, Aktivitäten, Nutzungskontexte und mentale Modelle der Kunden zu verstehen. Damit kann die Interaktion mit den Kunden verbessert und der in den Wertangeboten versprochene Nutzen realisiert werden.

Einnahmequellen und Kennzahlen

Neben der Frage, wie der Anbieter Einnahmen generiert, stellt dieser Block auch die Frage nach den eigenen Kennzahlen und den Kennzahlen der Kunden als Maßstab für Erfolg. Auch nicht-monetäre Werte, wie beispielsweise der Markenwert, werden dabei berücksichtigt.

Wenn Unternehmen verstehen, welchen Wert ihre Wertangebote für Kunden generieren und für welchen Nutzen diese bereit sind, zu bezahlen, können Preise auf Basis des Nutzens anstelle der eigenen Kosten und unabhängig von der Konkurrenz festgesetzt werden. Diese wertbasierte Preisbildung (Value-Based Pricing) ermöglicht es, die Zahlungsbereitschaft der Kunden optimal auszuschöpfen und damit generell höhere Gewinne zu erzielen.

Schlüsselressourcen

Nicht nur Unternehmen müssen Ressourcen für die Erbringung des Wertangebots bereitstellen, auch Kunden benötigen Ressourcen. So bringt beispielsweise eine Software nur einen geringen Nutzen, wenn Kunden nicht über die nötige Hardware oder das Wissen verfügen, die Software richtig zu nutzen. Dieser Block listet daher materielle Ressourcen und Wissen, die seitens des Anbieters und der Kunden für die Wertschöpfung nötig sind.

Schlüsselpartner

Heutzutage kommt kaum ein Geschäftsmodell ohne Partner aus. Bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle müssen die komplexen Beziehungen und Systeme eines Anbieters berücksichtigt werden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit konzentriert sich dieser Block auf diejenigen Partner, die direkt in die Wertschöpfung involviert sind.

Der Block analysiert, welche Rollen diese Partner in der Wertschöpfung einnehmen, welche Ressourcen sie einbringen und wie die Partner davon profitieren. Im Gegensatz zu der klassischen Canvas werden auch Partnerschaften der Kunden einbezogen und wie Kunden die Zusammenarbeit mit Partnern erleben.

Einsatz von Ressourcen und Partnern

Anstelle der Schlüsselaktivitäten in der klassischen Canvas beschreibt dieser Block, wie Partner und Ressourcen mobilisiert werden, um die Wertangebote zu verwirklichen.

Durch jeden Ressourceneinsatz in der Wertschöpfung entstehen neue Ressourcen. So kann der Anbieter beispielsweise jedes Mal, wenn ein Wertangebot erbracht wird, etwas Neues lernen oder je nach Geschäftsmodell steigt der Nutzen für alle Beteiligten mit der Anzahl der Nutzer. Auch darüber hinaus ist es wichtig, Partner und Ressourcen weiterzuentwickeln und sich beispielsweise weiterzubilden, um auch langfristig einen Wettbewerbsvorsprung zu wahren.

Kostenstruktur

Wie die Einnahmequellen berücksichtigt auch die Kostenstruktur neben den finanziellen Kosten weitere nötige Entbehrungen. In der Service Logik geht es eher darum, größtmöglichen Nutzen für Kunden zu schaffen und darüber Einnahmen zu generieren, als Kosten zu sparen. Kostensenkungen sollten daher immer darauf überprüft werden, dass sie den Nutzen für die Kunden nicht beeinträchtigen. Auch Kosten und Entbehrungen der Kunden werden unter die Lupe genommen.

Hilfreiche Anleitung für Geschäftsmodelle mit mehr Wert

Die Business Model Canvas ist äußerst hilfreich, um Geschäftsmodelle zu dokumentieren und weiterzuentwickeln. Mit dem Wertversprechen im Zentrum der Canvas und zusammen mit der Value Proposition Canvas hilft sie Organisationen dabei, Klarheit über ihr Geschäftsmodell zu gewinnen und neue Geschäftsmodelle mit echtem Wert für Kunden zu entwickeln.

Die Service Logik Business Model Canvas sieht Kunden nicht nur als ein Element, sondern rückt sie ins Zentrum aller Betrachtungen. In jeder Komponente des Geschäftsmodells werden die Perspektive des Unternehmens und die der Kunden in Einklang gebracht. Wer bisher noch nicht mit der Service Logik in Berührung gekommen ist, mag sich anfangs mit dem ungewohnten Vokabular schwertun. Interessierten Unternehmen bietet die Canvas eine hilfreiche Anleitung, mit welchen Fragestellungen sie sich dem Weg zu kundenorientierten Geschäftsmodellen auseinandersetzen müssen.

Stärken Sie mit der Service Logik Business Model Canvas die Kundenorientierung Ihres Geschäftsmodells oder entwickeln Sie neue kundenorientierte Geschäftsmodelle. Sprechen Sie mich an, wenn Sie Unterstützung auf diesem Weg brauchen. Ich moderiere Ihren Service Logik Business Model Canvas Workshop und unterstütze Sie in Service Design Thinking Projekten bei der Konzeption neuer Angebote.

Die Service Logik Business Model Canvas wurde mit Erlaubnis der Autoren übersetzt und ist erschienen in:
Ojasalo, Katri and Ojasalo, Jukka (2015), “Adapting Business Model Thinking to Service Logic: An Empirical Study on Developing a Service Design Tool,” in The Nordic School – Service Marketing and Management for the Future, Johanna Gummerus and Katarina von Koskull (Eds.)., Hanken: Helsinki, pp. 309-333.